Ich hatte recht aufregende Monate: Ein Vollzeitjob, zwei Kinder, viele Hobbys, viele Freund*innen und dann habe ich auch noch mehrere Lesungen moderiert. Zudem gab es privat ein paar Turbulenzen, die mich aufgeregt, aufgewühlt, wütend, freudig, unruhig und oft schlaflos gemacht haben. Kein Wunder also, dass ich im November und Dezember gleich zwei Mal krank geworden bin, ich hatte eindeutig zu wenig Zeit zum CHILLEN.
Nach einer dieser Lesungen waren wir noch in großer Runde etwas essen, es waren viele sehr enge Freund*innen von mir da und man war sich einig, dass ich überhaupt nie rumliegen und chillen würde. Wann auch, ich sei doch ständig auf Achse. Meine Gefühle dazu? Zwiespältig. Ein Funken Stolz, weil ich so einen agilen Eindruck mache, ein Funken Enttäuschung, weil das sind wirklich enge Menschen und sie kennen mich so schlecht? Ein großer Funken Trotz, denn ich weiß, wie unfassbar gut ich einfach nur abhängen kann.
Morgens aufstehen, einen Kaffee kochen - und direkt zurück ins Bett. Ein Buch lesen, einen Film glotzen. Essen bestellen. Die obligatorische kleine Runde nach draußen, für den Kreislauf und das Seelenleben. Dann aber schnell wieder unter die Kuscheldecke. Ich liebe das. Mit einem Lover macht das Ganze natürlich noch drei Mal so viel Spaß, aber ich kann diese Tage mittlerweile auch alleine einfach nur genießen.
Es ist sogar so, dass mein Körper mir eindeutige Zeichen gibt, wenn zu wenig gechillt wird. Ich werde dann unruhig und hibbelig, “restless”. Anstatt mich abends mit einem Buch aufs Sofa zu legen, räume ich noch auf, höre Podcasts, telefoniere, daddel rum. Das merke ich dann daran, dass ich schlechter schlafe. Und wenn ich das über mehrere Tage durchziehe oder gar einige Abende hintereinander nicht zuhause bin und mir zu wenig Zeit zum Runterkommen nehme - dann werde ich krank. Siehe oben.
Es gab Zeiten in meinem Leben - insbesondere nach der Trennung von meinem langjährigen Partner - da konnte ich gar fast nur noch schlafen. Da waren auch schlaflose Nächte, klar. Aber das habe ich dann nachgeholt. Ich bin ohnehin in guten Zeiten eine fantastische Schläferin. Ich schaffe locker 10-12 Stunden am Stück. Es kam dadurch schon zu lustigen Situationen, eine Freundin machte sich eines Morgens, als ich mal wieder bis 12 am Ratzen war, so Sorgen, dass sie rumtelefonierte und alle abfragte, die mich am Abend vorher gesehen hatten. Dabei musste ich einfach nur schlafen. Verarbeiten. Und das kann ich eben meistens gut. Um 22 Uhr gehen bei mir alle Apps aus, oft liegt das Handy dann eh schon in der Küche. Ich mache mir einen Lavendel-Tee, schlucke Magnesium und kuschle mich mit einem Buch (und manchmal mit einer Wärmflasche) ins Bett. Ich schlafe nie neben dem Handy. Und mir reichen keine acht Stunden, um mich wirklich erholt zu fühlen. Das mag für manche von euch verrückt klingen, bei mir ist das so.
Manchmal ist “Entspannen” aber auch Spazierengehen für mich. Wenn ich einen anstrengenden Vormittag am Rechner hatte und mal wieder viele Probleme delegieren und lösen musste, dann laufe ich eine Runde am Ufer entlang. Schritte, Luft, nix auf den Ohren. Tut gut. Und klar fällt mir das Chillen im Winter leichter. Dafür kann ich im Sommer wunderbar am Pool liegen, lesen, immer wieder wegdösen und mich ab und zu abkühlen. Faul sein können ohne schlechtes Gewissen. Unproduktiv sein. Für viele von uns leistungsgetriebenen Menschen ist es das ein Skill, das es zu erlernen gilt. Denn es ist so wichtig für den Körper und die Seele, regelmäßig so richtig runterzufahren. Nervensystem, Hormonhaushalt, Verdauung, Stoffwechsel. Funktioniert alles besser, wenn man sich Ruhe gönnt.
Ich schreibe das hier nicht auf, weil ich der Messias bin, ich werde euch nichts über den Vagusnerv, Yoga oder Shakti-Matten erzählen (aber: whatever works for you), jedoch sind die anstehenden Feiertage natürlich perfekt geeignet, um runterzufahren. Als ich noch Freiberuflerin war, waren das die einzigen beiden Wochen im Jahr, wo wirklich NICHTS passierte und das war so schön. Keine Mails, keine Scherereien. Ich habe zum Glück auch nur wenige familiäre Verpflichtungen über die Feiertage, der Papa übernimmt die Kinder direkt nach Heiligabend und ich habe vor, diese stillen Tage dann so zu verbringen, wie Isabel Bogdan es in ihrem wunderbaren Roman “Laufen” beschreibt: “Mir selbst schenke ich (teuren) Käse zu Weihnachten. (…) und dann verbringe ich die Weihnachtstage damit, Käsebrote zu essen und Serien zu gucken oder zu lesen.” Käse! Das ist so eine grandiose Idee.
Ich schreibe das auch auf, weil ich das Gefühl habe, wir alle haben selten so dringend Entspannung und Runterfahren gebraucht, wie jetzt. Es war ein krasses Jahr, die Welt spielt verrückt, die Nerven liegen blank. Peter Wittkamp schreibt: “Ich glaube, ich habe in den letzten 20 Jahren nie eine Periode erlebt, in der in jedem Bereich, gesellschaftlich wie privat, die Nerven so frei und verletzlich liegen wie derzeit.” Und ich stimme zu. Es ist auch nicht nur ein Gefühl, die Gesellschaft ist tatsächlich erschöpft, es gibt Daten dazu. Angstsymptome, Nervosität, Ängstlichkeit, Anspannung, haben sich seit 2021 verdoppelt. Und es ist eine Tatsache, dass es vielen Menschen neuerdings nicht mehr gelingt, ihre "Sorgen zu stoppen oder zu kontrollieren". Die Zahl der Schlafstörungen ist seit 2012 um 36 Prozent gestiegen, viel zu viele Menschen nehmen Schlafmittel. (Quelle, Geschenk-Link) Es ist wichtig, sich zu schützen und im Kleinen bei sich zu bleiben. Sich Gutes zu tun und sich an das Gute zu erinnern. Und ich weiß, dass viele, die das lesen im Kleinen viel Schönes und Gesundes haben. Konzentriert euch darauf und hört auf euren Körper. Gebt ihm Ruhe.
Faulenzen ist Key. Die Base chillen ist daher wirklich ein guter Rat. Ich kann jetzt natürlich viel besser chillen, weil ich jede zweite Woche kinderfrei bin aber ich lege es hiermit auch allen Eltern, die in einem anderen Modell leben, ans Herz: Wenn ihr kleine Kinder habt: werde sie regelmäßig los, um einfach nur abzuhängen. Kind bei Freunden? Nicht die Wohnung aufräumen. Hinlegen oder spazieren gehen, danach Mittagsschlaf, oder oder. Kind auf dem Geburtstag? Ab in die Sauna. Oder schlafen. Wenn ihr keine Kinder habt: Feiert es. Feiert das Faulsein.
Und was macht man dann? An die Decke starren? Ja, warum nicht. Schlafen, Kuscheln, Masturbieren, Spazieren gehen, Baden. Was auch immer euch gut tut. Bei mir natürlich immer weit vorne: Lesen. Das entspannt mich mehr als alles andere. Dabei mache ich mir aber auch wirklich nie Stress. Ich habe im letzten Jahr sicher 20 Bücher weggelegt, weil ich nicht ganz rein kam. Ich quäle mich fast nie durch etwas durch und wenn das Leben zu aufregend zum Lesen ist, dann ist das so. Knapp 50 Bücher habe ich schlussendlich in 2024 durchgelesen, die komplette Liste findet ihr in den Highlights auf meinem Instagram-Account. Wenn ihr euch fürs neue Jahr vornehmt, mehr zu lesen: OH JA! Ich kann es so empfehlen. Plus: Macht doch bitte diesen Buch-O-Mat-Test - einfach nur, weil er so lustig ist. (Noch ein Geschenk-Link). Bei mir kam “Hey Guten Morgen, wie geht es dir” heraus und das Buch habe ich mir gestern gekauft, besser geht’s ja gar nicht, das Wochenende ist gerettet.
Film- und Serien-Tipps
Viele von euch glotzen zum Entspannen, auch fein. Was ich empfehlen kann: ein Mubi-Abo (kann man auch verschenken!). Ich habe mir vor Kurzem eines angeschafft (Für The Substance, der Film hat mich aber nicht überzeugt, sinnloser Splatter, schade, es hätte so gut werden können) und schon einige schöne Filme gesehen. Besonders mochte ich: 20th Century Women und Aftersun. In beiden Filmen geht es um Single Parents und Eltern von Kindern, ähnlich alt wie meine. Ich konnte so relaten und fand beide Filme auf ganz eigene Art und Weise wunderbar. Auch sehr schön: die Kaiserin auf Netflix. Man kann beide Seasons easy durchbingen während der Feiertage (ich bin leicht voreingenommen, weil eine sehr gute Freundin die Serie geschrieben hat, aber sie ist auch wirklich toll gemacht). Auf meiner Liste stehen außerdem: Das Leuchten der Rentiere (Netflix) und Industry (Sky).

Suppen-Tipps
Gibt nix Besseres als Suppen im Winter. Zwei einfache Knaller-Rezepte von Instagram: die Butternut-Suppe und die vegane Dumpling-Suppe. So easy und wärmend und gut.
Shopping-Tipps
Es chillt sich natürlich besser “in Style”. Wenn man einen hübschen Jogger trägt, fühlt man sich gleich weniger verlottert, auch wenn man seit Tagen nicht geduscht hat. Wenn man seinen Tee aus einer hübschen Tasse schlürft, ist das sogar ein bisschen glamourös, auch wenn man auf dem Sofa lümmelt. Ein paar Ideen (vlnr): Kanne von Hay, Wolldecke von Arket, die BESTE Jogginghose, ebenfalls von Arket, Kaschmirhose, schönste Tassen und Kaschmir-Socken. (Evtl bekomme ich eine kleine Provision, wenn ihr was kauft).
So long, Fellows. Danke fürs Lesen und Supporten und Abonnieren, wie immer gilt: Wenn euch dieser Newsletter gefallen hat, dann….
Und ansonsten: Macht Pausi! Echt jetzt!
Das bewusste faulenzen mache ich seitdem ich 15 bin und ich brauche es. Weil es meine kleinen Auszeiten sind. Regenerierung nenne ich es. Außerdem fördert es unglaublich unsere Kreativität und Produktivität.
Danke für den tollen Text!